Der liechtensteinische Trust als Vorbild eines möglichen Schweizer Trusts einschliesslich steuerlicher Aspekte
von Philip Raich
Seit 2018 berät eine Expertengruppe im Auftrag des Schweizer Gesetzgebers die Einführung eines Schweizer Trusts. Die steuerliche Behandlung von Trusts wird im Hinblick auf die Einführung eines Schweizer Trusts von einer Arbeitsgruppe der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundes, der Kantone und der Wissenschaft abgeklärt. In Liechtenstein besteht seit 1926 ein Recht über die Treuhänderschaft (Trust) und das Treuunternehmen (Trust reg.)
Der liechtensteinischer Trust (Treuhandschaft) ist keine juristische Person, sondern ein Vertrag zwischen dem Treugeber als Errichter (Settlor) und dem Treuhänder (Trustee) über die Verwaltung von Vermögenswerten, für die vom Treugeber nominierten Begünstigten (Beneficiaries) als wirtschaftlich Berechtigte. Der liechtensteinische Trust wird durch schriftliche Vereinbarung zwischen dem Treugeber und dem Treuhänder begründet. Treuhänder ist diejenige Person, der der Treugeber bewegliches oder unbewegliches Vermögen oder ein Recht als Treugut mit der Verpflichtung übergibt, dieses Vermögen im eigenen Namen zu Gunsten eines oder mehrerer Begünstigter zu verwalten oder zu verwenden (Art 897ff PGR).
Der liechtensteinische Trust eignet sich zur Vermögenssicherung und Nachfolgeplanung, weil die Übertragung von Vermögen an den Treuhänder zur Vermögensverwaltung während des Bestehens des Trusts flexibel gestaltet werden kann. Zur Nachfolgeplanung eignet sich der liechtensteinische Trust aufgrund der Möglichkeit der regelmässigen Einbringung von Vermögenswerten durch den Settlor bzw. Ausschüttungen an Begünstigte in Übereinstimmung mit dem Treuhandvertrag. Im Letter of Wishes des Settlors können unverbindlich weitere Grundsätze des Trusts für den Treuhänder festhalten werden.
Im Treuhandvertrag sind die Rechte des Treugebers, des Treuhänders und der Begünstigten geregelt. Der Zweck des liechtensteinischen Trusts kann vom Treugeber detailliert ausgestaltet werden. Der Treuhänder wird gemäss Treuhandvertrag zur effizienten Verwaltung der Beteiligungen verpflichtet. Als Beteiligte des Trusts gelten der Treugeber, der Treuhänder, die Begünstigten und allfällige weitere Organe. Der Treugeber überträgt einen Teil seines Vermögens auf den Treuhänder zu den im Treuhandvertrag festgelegten Bedingungen. Der Treugeber kann sich ein Widerrufsrecht vorbehalten. Ein Widerrufsrecht hat allerdings zur Folge, dass der Trust nach Gründung anfechtbar bleibt.
Der Schweizer Trust soll gemäss heutigem Wissensstand in den §§ 529a ff Obligationenrecht (OR) geregelt werden. Soweit bekannt wird der geplante Schweizer Trust inhaltlich dem liechtensteinischen Trust entsprechen. Im Unterschied zum liechtensteinischen Trust soll der Zweck des Trusts ausschliesslich privatnützigen Zwecken dienen. Die Rechte des Treuhänders, des Treugebers und der Begünstigten sind in Übereinstimmung mit den internationalen Verträgen ausgestaltet. Begünstigte haben ein umfassendes Informationsrecht über die Verwaltung des Trusts. Zur Beilegung von Rechtsstreitigkeiten kann ein Schiedsgericht vorgesehen werden. Im Gegensatz zum liechtensteinischen Trust, aber in Übereinstimmung mit dem angelsächsischen Prinzip der „rule against perpetuity“ wird der Schweizer Trust für eine beschränkte Dauer, höchstens 100 Jahre, errichtet.
Steuerlich wird bei der Errichtung des liechtensteinischen Trusts eine Gründungsabgabe in Höhe von 2 ‰ des Kapitals, mindestens aber CHF 200.00, erhoben (Art 66 Steuergesetz). Bemessungsgrundlage ist das statutarische Kapital, nicht das gesamte Vermögen des liechtensteinischen Trusts. In der Regel wird CHF 30‘000.00 als statutarisches Kapital eingebracht. Die Besteuerung des bestehenden Trust beträgt in der Regel CHF 1‘800.00 als sogenannte Privatvermögensstruktur (Art. 64 SteG).
In der Schweiz wird der liechtensteinische Trust aufgrund der fehlenden Rechts- und Vermögensfähigkeit steuerlich transparent behandelt. Das bedeutet, dass der liechtensteinische Trust nicht selbst der Träger der sich im Trust befindlichen Vermögenswerte wird, sondern dass das Vermögen den hinter dem Trust stehenden Personen, entweder dem Treugeber oder den Begünstigten zugeordnet wird. Unterschieden wird zwischen dem widerrufbaren (revocable) und dem nicht-widerrufbaren (irrevocable) Trust und zwischen dem diskretionären (discretionary) und dem nicht-diskretionären (fixed interest) Trust.
Vereinfacht gesagt spricht man von einem revocable Trust, wenn der Treugeber die wirtschaftliche Kontrolle über das Trustvermögen behält, wie beispielsweise das Ernennungs- und Abberufungsrecht, die Benennung von Begünstigten oder das Änderungsrecht und das Widerrufsrecht betreffend den Treuhandvertrag. Die Kontrolle führt dazu, dass der liechtensteinische Trust aus steuerlicher Sicht als transparent angesehen bzw. negiert wird und das Trustvermögen direkt dem Treugeber zugerechnet wird. Ein irrevocable Trust liegt vor, wenn der Treugeber das Trustvermögen unwiderruflich überträgt. Der Settlor hat keine Möglichkeit, Einfluss auf den Trust zu nehmen, beispielsweise die Aufhebung des Trusts oder den Rückfall des Vermögens an sich selbst zu bewirken. Von einem discretionary Trust spricht man, wenn es im freien Ermessen des Treuhänders liegt, den Zeitpunkt und die Höhe der Zuwendung an eine Person aus dem Kreis der Begünstigten zu bestimmen. Man spricht vom fixed-interest Trust, wenn die Begünstigten sowie das Ausmass und der Zeitpunkt der jeweiligen Zuwendung genau bestimmt sind.
Der Schweizer Fiskus rechnet das Vermögen des Trusts dem Treugeber oder den Begünstigten zu. Eine Ausnahme bildet jedoch der unwiderrufliche diskretionäre (irrevocable discretionary) Trust. Ein solcher kann aus Schweizer Perspektive nur dann gegeben sein, wenn der Treugeber im Zeitpunkt der Errichtung seinen Wohnsitz nicht in der Schweiz hatte. War der Treugeber zum Zeitpunkt der Errichtung wohnhaft in der Schweiz, so wird der Trust steuerlich grundsätzlich als transparent behandelt. Der unwiderrufliche diskretionäre (irrevocable discretionary) Trust ist gewissermassen die einzige Trust-Form, die als eigenes Rechtsgebilde bezeichnet werden könnte, da bei dieser Form das Trustvermögen weder dem Treugeber noch dem Begünstigten zugerechnet werden kann.
Die steuerlichen Konsequenzen nach Einführung des Schweizer Trusts sollten im Auge behalten werden. Aufgrund seiner Eigenheiten ist der liechtensteinische Trust ein gefragtes Rechtsinstitut. Es bleibt abzuwarten, welche Folgen die Einführung des Schweizer Trusts haben wird.